Servus,
ich wollte eigentlich schon seit längerem mal ein paar Zeilen darüber schreiben, was die Bürgerbriefe sind - nämlich in erster Linie ein Spielangebot. Ich glaube, viele SpielerInnen nehmen sie eher als eine Art bürokratischen Unsinn wahr, und weil wir diesen aus unserem realen Alltag gewohnt sind, nehmen wir ihn halt auch im Spiel hin. Tatsächlich unterscheiden sich Bürgerbriefe in ihrer Rolle und Funktion deutlich von auf den ersten Blick ähnlichen Dokumenten der Neuzeit.
Im Folgenden stelle ich vor allem die Situation im Königreich Gaht dar (wo es auch wiederum viele Ausnahmen gibt, dazu eventuell später mehr), aber im Königreich NeuRhaetikon gilt ähnliches.
Zunächst einmal, beim Bürgerbrief geht es vor allem um den Bürger, nämlich im Gegensatz zum Unfreien oder gar Sklaven.
In meiner Vorstellung der Spielwelt sind nämlich gut 80% bis 90% der Bewohner des Königreichs unfrei - was vor allem bedeutet, daß sie den Grund und Boden ihres Lehnsherren nicht verlassen dürfen. All das, was Bürgern möglich ist - Ämter ausüben, vor Gericht gehen, reisen - ist der überwiegenden Mehrheit der Menschen im Reich NICHT möglich!
Deswegen kontrollieren z.B. auf manchen Cons Büttel oder andere Amtspersonen Bürgerbriefe, denn wer keinen hat, der ist unfrei, und wer unfrei und fremd ist, der ist wahrscheinlich illegal unterwegs und sollte festgesetzt werden. Zumindest werden sie nicht vom Recht geschützt, sondern nur von ihrer Grundherrin, und die ist wahrscheinlich weit weg.
Auf einem typischen Con ist das also ein höchst prekäre Situation für die Person, die kein Bürger ist (=keinen Bürgerbrief hat), im Grunde sogar lebensgefährlich.
Daraus wiederum resultiert das Spielangebot, wie überhaupt rund um das Spiel um Stände. In einer Fantasywelt gibt es eine inhärente Ungleichheit, manche Bewohner haben einfach mehr Rechte als andere, und zwar ist das von den Göttern so gegeben. Ich bin immer ganz hin- und hergerissen, wie schwer es vielen Spielern fällt, von einem "alle Menschen sind gleich"-Gebot abzulassen; anscheinend ist das doch ganz gut in unserer Erziehung verankert; aber LARP lebt von Konflikten, und die müssen eben nicht immer mit dem Schwert zu lösen sein, vielleicht sogar manchmal unlösbar (auch der reichste SC wird nicht alle Sklaven beider Königreiche freikaufen können, auch wenn das die typische Reaktion der Spieler ist, wenn wir Orgas einen Sklaven auf einem Con auftauchen lassen).
Das Problem ist natürlich, das macht nicht auf jedem Con Sinn und auch nicht jedem Spieler Spaß. Deswegen gibt es auf unseren Archipelcons immer nur weniger Unfreie, oder thematisieren wir den Bürgerbrief nur selten. Umgekehrt hatte ich aber auch schon den Eindruck, daß Charaktere, die wir dann (mit Absicht!) z.B. ohne Bürgerbrief in so einen Konflikt schicken - häufig mit vielen verschiedenen Lösungsansatzen auf dem Con, wie bestechliche Büttel, großherzige Amtspersonen, Charaktere mit entsprechenden Fähigkeiten im Fälschen usw. - eher genervt davon waren, "daß die SL vergessen hat, mir einen Bürgerbrief auszustellen". Das finde ich schade.
Umgekehrt zelebrieren andere Spieler gerade den Status "ohne Bürgerbrief" zu sein, und wünschen sich mehr Büttel, vor denen sie sich verstecken müssen. Aber das sind deutlich weniger.
Auch das Spiel mit den Unterschieden in den Landesteilen - von Timbedien, wo alle Menschen Unfreie sind und ohne Erlaubnis das Land nicht verlassen dürfen, was ihnen als "Ihr braucht gar keine Bürgerbriefe" verkauft wird, bis hin zu Drachenstein, wo sich jeder für einen Schnapps als Zeuge für einen Bürgerbrief kaufen läßt und es wahrscheinlich mehr gefälschte Bürgerbriefe gibt, als Echte im restlichen Königreich, all diese Details gäbe es nicht ohne das grundsätzliche Spiel.
Eng damit zusammen hängt übrigens der Kriegerbrief, die nächste Stufe, die es nur Menschen mit entsprechender Ausbildung, Herkunft und Anstand gestattet, sogenannte "Kriegswaffen" wie Schwerter oder Armbrüste zu tragen. Auch hier habe ich den Eindruck, daß sich manche Spieler einfach eine Armbrust schnappen oder ein Schwert umgürten, obwohl Ihr Charakter das eigentlich gar nicht dürfte und empfindliche Strafen zu befürchten hätte. Da wundere ich mich immer wieder, daß hier unsere (von mir angenommenen) OT-Einstellungen zum Tragen von Waffen durch "Jedermann" in der Realität, es nicht ins Spiel hinüberschaffen, wo es keine Aufmekrsamkeit erregt, wenn schwer bewaffnete Halodris in einer Taverne auftauchen.
Auch hier gilt, das ist keine Schikane, das soll die Rolle von Kriegern etwas bedeutsamer machen und wenn nicht alle Spieler schwer bewaffnet sind, können auch schon wenige Springer-NSCs für Spannung sorgen.
Ich denke, ich werde das Thema auf die nächste VVV bringen, vielleicht als Diskussion am Rande. Wenn es nämlich von den meisten Spielern nicht so wahrgenommen wird, dann können wir es als Spielelement auch streichen. Es macht viel Arbeit, die wir Orgas immer genau dann gerne machen, wenn es Euch dafür Spaß bringt.
Vom Bürgerbrief - ein Spielangebot
- Tommy
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Vom Bürgerbrief - ein Spielangebot
Im übrigen bin ich dafür, daß die Reisezeit zu den Cons verkürzt werden muß.
Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt. - Johann Christoph Friedrich von Schiller, (1759 - 1805), deutscher Dichter und Dramatiker
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Re: Vom Bürgerbrief - ein Spielangebot
Das ist grundsätzlich falsch.Tommy hat geschrieben: bis hin zu Drachenstein, wo sich jeder für einen Schnapps als Zeuge für einen Bürgerbrief kaufen läßt und es wahrscheinlich mehr gefälschte Bürgerbriefe gibt, als Echte im restlichen Königreich,
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Allgemeines Recht
§ 1 Bürger des Erzherzogtum Drachenstein
Bürger Drachensteins ist jeder, der in Drachenstein geboren wird. Die Eltern dieser Person erhalten bei dem örtlichen Schulzen eine Bürgerurkunde. Das Bürgerrecht für Nichtmenschen regelt der Paxa Differentus.
Anonsten @Tommy: schöner Artikel.
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Re: Vom Bürgerbrief - ein Spielangebot
Im übrigen bin ich dafür, daß die Reisezeit zu den Cons verkürzt werden muß.
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Re: Vom Bürgerbrief - ein Spielangebot
Ich fand Tommys Beitrag sehr interessant.
Als Lulu hatte ich sowohl "Stress" mit fehlendem Bürgerbrief, als auch fehlender Berechtigung eine Armbrust zu tragen. Beides hat mir IT viel Spaß bereitet mit den "Lösungen" , die Lulu dafür gefunden hatte.
Und als Morganas Schergen unsere Bürgerbriefe "erhandelt" haben, das war auch aufregend.
Als Lulu hatte ich sowohl "Stress" mit fehlendem Bürgerbrief, als auch fehlender Berechtigung eine Armbrust zu tragen. Beides hat mir IT viel Spaß bereitet mit den "Lösungen" , die Lulu dafür gefunden hatte.
Und als Morganas Schergen unsere Bürgerbriefe "erhandelt" haben, das war auch aufregend.
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Re: Vom Bürgerbrief - ein Spielangebot
Ich kann da für meine Cons sprechen:
In NR haben Bürgerbriefe immer einen Teil des Spiels ausgemacht und dies war auch immer ein schöner Anlass für Rollenspiel, auch wenn die ohne Bürgerbrief meist keine positiven Erfahrungen mit nach Hause nehmen konnten.
Freu mich auf mehr Kontrollen.
Das ist dann diese Immersion die sich da auftut....
Leider ist Schwarzenbach nicht gerade dafür bekannt, Bürgerbriefe ernst zu nehmen...
In NR haben Bürgerbriefe immer einen Teil des Spiels ausgemacht und dies war auch immer ein schöner Anlass für Rollenspiel, auch wenn die ohne Bürgerbrief meist keine positiven Erfahrungen mit nach Hause nehmen konnten.
Freu mich auf mehr Kontrollen.
Das ist dann diese Immersion die sich da auftut....
Leider ist Schwarzenbach nicht gerade dafür bekannt, Bürgerbriefe ernst zu nehmen...
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